Eigentlich wollte ich schon die ganze Woche von meinen Oktoberfesterfahrungen erzählen, bin aber durch die Abgabe meiner letzten Hausarbeit, das allabendliche Arbeiten in der Oper und tägliche Besuche verschiedener Berliner Bibliotheken mal wieder zu nix gekommen.
Also, nach viel Hin und Her, mehreren Diensttauschen und einen Anruf im Büro habe ich es tatsächlich geschafft, das Wochenende freizukriegen, sodass ich Samstagmorgen um 7.35 Uhr von Tegel nach Müchen fliegen konnte. Natürlich habe ich mich nicht ohne guten Grund zum Oktoberfestbesuch entschieden. Dafür ist mir die bayerische Kultur dann doch irgendwie zu fremd, zu suspekt und zu abartig. Nein, es ging mir weniger um die Bierzelte und die knackigen Männerhintern in Lederhosen, sondern eher darum, die Sydney-Connection wiederzusehen.
Denn die UTS (also der technischen Uni in Sydney, nicht mehr)-Austauschstudenten haben schon vor über einem halben Jahr ein Wiedersehen auf europäischem Boden organisiert und das Oktoberfest als besonderes kultures Event als Treffpunkt auserkoren. Fair enough, denn außer Basti, der in Ober- oder Unterschleißheim oder so was wohnt, mussten alle aus gewisser Entfernung anreisen. Und ich bin mit meinem einstündigen Lufthansaflug (inklusive Tee, O-Saft, SZ, Berliner Zeitung und ZEIT) mal wieder am komfortabelesten weggekommen. Lucky old me!
Dann wurde ich auch noch mit dem Auto vom Flughafen abgeholt, sodass wir in Ruhe einen Kaffee in der Innenstadt trinken, uns von der örtlichen SPD-Kandidation eine Brezel als Wahlkampfwerbung schenken lassen und in der S-Bahn über den merkwürdigen Kleidungsstil der Bayern lästern konnten. "Also, einen kleinen Knall haben die schon, oder?" - "Meinen die das mit ihren Dirndln echt ernst?!" - "Gehen die immer so los?" - "Wir fallen hier voll als Touristen auf in unseren Klamotten!" - "Guck mal, es gibt sogar ein pinkes Dirndl!" - "Bei uns zu Hause tragen nur die Tänzer der Trachtengruppe so was ähnliches, und halt die Blütenkönigin!"
Kurz vor zwölf waren wir dann auf dem Festgelände auf der Theresienwiese und haben sogar die Knallerei zum Anstich gehört, bevor wir vom Türstehe über den Seiteneingang ins Augustinerzelt gelassen wurden und gegen eins unsere erste Maß bestellen konnten. Sehr
asozial von uns, den Rest der Gruppe ab halb acht am Zelt Schlange stehen und sich um die Tische prügeln zu lassen. Aber auch sehr praktisch, wenn man sich dann nach nur 20 Minuten am Seiteneingang von innen abholen lassen und an den Tisch dazu setzen kann!
Tatsächlich waren eine Menge Leute von den Sydney internationals da: aus Frankreich, Holland, Schweden, der Schweiz, Irland, Italien und ganz Deutschland. Außerdem ist der Australier Sam gerade zu seinem ersten Europabesuch gelandet. Ich frage mich, was man für einen Kulturschock bekommen muss, wenn man gleich am ersten Wochenende auf einem fremden Kontinent zwischen lauter betrunkenen Leuten in Dirndln und Lederhosen bei Blasmusik in einem Zelt sitzt und neun Stunden lang Starkbier (wo doch das australische Bier echt schwach auf der Brust ist) aus 1-Liter-Kübeln trinken und stündlich laut "Ein Prosit der Gemütlichkeit" singen muss. Ich habe also versucht, Sam zu erklären, dass nicht ganz Deutschland so drauf ist und ihm etliche Male gesagt, er müsse unbedingt auch nach Berlin kommen, um den coolen Teil des Landes zu sehen. Aber ich weiß nicht, wieviel davon bei ihm angekommen ist. Er war der einzige der Gruppe, der sich übergeben musste. Ja, ja, die Aussies, die vertragen ja nix!
Julie hingegen hat mich schwer beeindruckt, indem sie sechs Maß geschafft hat. Aber die Franzosen kriegen wahrscheinlich schon Rotwein in die Nuckelflaschen. Fabrice allerdings scheint es nicht so gut vertragen zu haben, denn er hat sich seine Kamera, sein Handy und Julies Schal klauen lassen. Schön blöd! Der Schaden meinerseits beschränkt sich auf drei Brändlöcher in meiner Jacke, die ich eh wegschmeißen wollte. Jetzt habe ich einen wunderbaren Grund, es endlich zu tun.
Ich habe mich mit zwei Maß wacker geschlagen und entgegen weit verbreiteter Annahmen NICHT auf dem Tisch getanzt. Der war voll mit Gläsern und zu wackelig. Außerdem hat mir die Musik nicht so richtig gefallen. Ich hätte ja nicht mitgrölen können. Fotos, die beweisen, dass ich die ganze Zeit brav am Tisch saß und nicht drauf stand, gibt es allerdings nicht, da ich keine Kamera dabei hatte (besser so, sonst wär sie womöglich den gleichen Weg gegangen wie Fabrices). Ihr müsst euch also vorstellen, wie ich mit beiden Händen das Maß in der Hand halte, weil das Glas allein schon so schwer war, dass ich es nicht in einer Hand hätte anheben können. Respekt den Bedienungen, die mindestens sechs davon gleichzeitig tragen!!!
Es war echt toll und total verrückt, die Leute von down under wiederzusehen. Super Sache! Fürs nächste Jahr ist der St. Patrick's Day im Gespräch. Na wunderbar. Alles, wo die Lufthansa hinfliegt, soll mir Recht sein.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
7 Kommentare:
Wahrscheinlich hat man Dich hinter dem Maß-Krug gar nciht mehr gesehen ;-)))
Also als München-Bewohnerin, die ursprünglich aus Berlin kommt, bin ich ja auch kein großer Wiesn-Fan. Aber wenn man hingeht, muss man schon auch zu den schrecklichen Liedern mitsingen und tanzen. Aber du hattest ja trotzdem Spaß. Toll!
Übrigens laufen hier nur zu Wiesn-Zeiten so viele Leute in Dirndl und Lederhose rum. Ich wage mal zu behaupten, dass mindestens die Hälfte davon Touristen sind!
Und ganz wichtig, falls du dich noch mal nach Bayern traust: Es heißt DIE Maß. Nicht dass du mal negativ auffällst. ;-)
bisher fand ich die Vorstellung schon immer schlimm als Berliner auf die Wiesn zu gehen, aber als Australier muss das ja ein absoluter Supergau sein wenn die Leute hiert tatsächlich alle so aussehen wie in den besten Chevy Chase Filmen... naja hat er wenigstens was zu erzählen wenn er sich denn an was erinnern kann.
vergeblich sucht man hier für die octoberfest party an der unsw die passende lederhose zu finden... aber ich gebe die hoffnung nicht auf :-)
p.s. Kitschig wirds nur im Löwenbräu @ the Rocks... hält man als Deutscher nur "ein bier" lang aus ;-)
gleich drei brandlöscher??? haha, da gings ja heiß her...
und ich glaube, das oktoberfest ist schuld daran, dass alle ausländer glauben, alle deutsche würden immer mit dirndl und lederhose rumlaufen und beschränken dabei deutschland komplett auf bayern bzw. nur auf münchen!!!
das war icke jetzt, ne... wollte ich nur noch hinzufügen
Kommentar veröffentlichen