Das Gute an langweiligen ersten Praktikumstagen ist, dass es immer nur besser werden kann.
Zwar war das Kamerateam, mit dem ich eigentlich mitfahren sollte, leider schon zwanzig Minuten frueher als geplant losgefahren, sodass ich ueberfluessigerweise, um viertel vor neun da war.
Nach der Zeitungslektuere wurde ich dann aber Laticia Gibson und ihrem Kamerateam aufs Auge gedrueckt, die gerade an einer Story ueber spezielle Kredite fuer SChoenheits-OPs dran waren. Was fuer ein Thema. Leider muss ich nach zwei Abenden 'Today, Tonight"-Sichtung feststellen, dass die halbstuendige Sendung nur aus solchen soft news und human interest stories besteht: a white mother kicked out of an Aboriginal housing unit after her aboriginal husbands death, a man who survived a car crash, kids wearing wigs, Miss Universe meets Donald Trump...
Als erstes stand ein Interview bei Choice, einer australischen Verbraucherschuzorganisation, deren Oeffentlichkeitssprecher dazu raet, sich gut ueber jede Art von Kredit zu informieren.
Danach ging es weiter zu einem solchen Kreditanbieter. Viel dubioser haetten er und sein Buero nicht aussehen koennen. Incredible. Erstmal war das Buero in einem one-bedroom-unit in einem Mietshaus in North Sydney untergebracht, in dem drei Schreibtische mit uralten Computern standen, ausgedruckte Papierfetzen mit Blu Tack an die Wand gepappt waren und ueberall Scherzartikel in Penisform rumlagen, weil von dort aus gleichzeitig ein Unternehmen fuer bucks weekends, hens nights, gay parties und kid's xmas parties geleitet wurde. Sehr vertrauenserweckend.
Die einzige Angestellte Dawn war ungefaher 50 (vielleicht sah sie aber auch nur so alt aus), uebergewichtig, trug einen schwarten Pannesamtrock, einen Naenring und ungewaschene Haare ("She was gross!" O-Ton Latitca).
Der "Unternehmer" selbst trug glitzernde Ohrstecker, eine rosa Krawatte und hatte ein schmieriges Grinsen. Er hat sich im Interview ununterbrochen wiedersprochen, hatte einen relativ starken australischen Akzent (der mir das Transkribieren fuer die shotlist nicht gerade erleichtert hat), konnte Laticia nach mehrmaligem Nachfragen keinen Grund nennen, warum man sich einen Kredit bei ihm und nicht bei einer Bank holen solle, hat aber von den positiven Auswirkungen von plastic surgery auf das Leben seiner Kunden geschwaermt.
Der Tontechniker und ich haben uns waehrenddessen nur vielsagende Blicke zugeworfen und uns anschliessend gewundert, wie man mit so einem "Buero" einem Fernsehinterview zustimmen kann. Very dodgy.
Den Rest des Arbeitstages habe ich mit shotlist schreiben (sprich: Transkription), Zuschauerpost entziffern (scheint ausschliesslich von uralten Omas mit fuerchterlicher Handschrift zu kommen), fact sheets fuer diese raussuchen und kopieren und Geburtstagskuchen fuer einen Kollegen bei Michel's Patisserie kaufen, der 23 geworden ist. Das hat mich in eine tiefe Lebenskrise gestuerzt. 23? 23! Wie bitte. Der sitzt am Schreibtisch rechts von mir, fuehrt ununterbrochen wichtige Gespraeche, ist allein mit den Kamerateams unterwegs, macht Interviews, schreibt Manuskripte. Er arbeitet full time als REporter, waehrend ich "That's -sorry, what was your name again- ...from Sydney uni, she's doing one week work experience at TT." bin. Ich dachte, er sehe einfach nur jung aus. Wie kann er 23 sein? Was mache ich falsch?
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7 Kommentare:
Na, ganz einfach: Young Mr Australian ist nicht in Deutschland zur Schule gegangen, hat keinen Zivildienst oder ähnlichen Quatsch gemacht, kein FSJ, keinen Au Pair Job, kein Jahr work and travel in Australien! Doch halt, bis auf das erste, du ja auch nicht!?
... Ein Glueck bin ich kein Reporter und seh ælter aus als ich bin :P
sach mal kannste mir mal die nummer von dem krdeitunternehmen geben?
denn ich könnte mir mich mit ein wenig mehr Oberweite, nach einer Fettabsaugung, Augenlidstraffung, Gesichts- und Polifting, aufspritzen der Lippen, Kinnimplantat, Nasenkorrektur und Extensions und permanent make up schon als sehr reizvoll vorstellen ;-)
Don't worry Sara, das ist Australien, nicht Deutschland. Da werden zwei Studiengänge in insgesamt 4 Jahren absolviert, Auslandserfahrungen anerkannt und v.a. ist es wie überall in der Welt nur nicht in Deutschland möglich direkt nach dem STudium überhaupt einen guten Job zu bekommen!!
Und vor allem: ein Abi (oder so ähnlich) in Hauswirtschaft!!! Ich dachte, so was gibts nur bei den Amis. Tse!!!
Was das Büro angeht: man stelle sich vor, der verwechselt die Kunden für Kids Xmas Party und ne Gayparty. Wat ein Spaß!!!!
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