Donnerstag, 14. Februar 2008

Tag der roten Schokoherzen

Mir fallen gerade zwei Dinge auf: Ich habe vorher noch nie den Valentinstag in einem englischsprachigen Land verbracht und ich habe das dritte Jahr in Folge den Valentinstag mit nichts anderem verbracht als Arbeit.

Zu ersterem: Es ist der Oberhammer, was hier fuer ein Tamtam aus dem Tag gemacht wird. ES wurde im Buero von nichts anderem geredet, es wurde in allen Sendungen des Channel 7 von nichts anderem geredet, es wurde im Radio von nichts anderem geredet, es wurde in der Eisdiele von fast nichts anderem geredet. Aus dem Studio wurden wir den ganzen Tag mit Liebesschnulzen beschallt, die Kolleginnen haben sich gegenseitig erzaelt, was sie bekommen haben, verschenken werden und am Abend mit ihrem Sweetheart machen, die maennlichen Kollegen wurden gefragt, was sie ihren Freundinnen schenken und abends mit ihnen machen. Es gab eigentlich kein anderes Thema.


Immerhin hat sich Kollegin Marguerite, ja die politisch korrekte vom Vortag, die Muehe gemacht, jedem ein kleines Gedicht zu schreiben und ein Stueckchen Lindt (ist hier sehr beliebt und das grosse Lindt Cafe Restaurant ist gleich gegenueber vom Sender) Schokolade zu schenken. Jedem. Sogar mir. My poem reads:
Work Experience Girls that
have some clout
on Valentine's Day
will never miss out!

Clout musste ich erstmal nachgucken und habe mich sehr gefreut.

Abends in der Eisdiele war die Hoelle los, weil alle Paerchen in Sydney sich am Valentinsabend fuer ein Take home pack gelato entschieden zu haben schienen. War trotz des Stresses ein lustiger Abend. Meine Chefin war nicht da, weil sie mit ihrem neusten Lover, der sie unbedingt heiraten moechte und ihr taeglich selbgedichtete italian love poems als SMS schickt, nebenan beim Thai essen war. Also habe ich mit ihrer Mutter gearbeitet, die mich zu Anfang der Schicht erstmal im Arts Supply Shop nebenan (in die andere Richtung als der Thai) ein grossen knallroten Bogen Tonkarton hat kaufen geschickt hat, den ich dann mit einem "Happy Valentine's Day" und zahlreichen Herzchen hat dekorieren lassen. Dabei kann ich bewiesenermassen keine Herzen malen. Dafuer habe ich mich ganz gut geschlagen. Und scheinbar hat das Schild ja auch keine Kunden abegeschreckt.

Ein grosser Vorteil an Schichten mit Josefine (Chefinmutter) ist ihr Musikgeschmack. Ich konnte alle CDs reinlegen, fuer die meine Chefin und ihr Bruder mit aus dem Laden jagen wuerden. Also haben wir den gesamten Abend die "Best Hits of all Times"-CD-Box (inklusive Nena mit 99 Red Balloons, Cindy Lauper mit Girls just wanna have fun und Bonnie Tyler mit Total Eclipse of the Heart), italienische Schlager ("volare, ohohoho, cantare, ohoh, nel blu, di pinto nel blu", ha, seit dem Italienischkurs an VHS kann ich den Text sogar auswaendig und ins deutsche uebersetzen) und den Moulin Rouge Soundtrack auf voller Lautstaerke gehoert.

Irgendwann kam Josefines beste Freundin Laurie vorbei, um uns auszuhelfen, da es zu zweit etwas zu viel wurde. Leider ist diese im echten Leben vielleicht Investmentbankerin, kannte sich im Laden aber nicht aus ("Sara, what do I do with this plate?" - "Where do these go, Sara?" - "Sara, can you tell me how to enter $2,50." - "Can you help me with the register, please."), sodass am Ende des Abends 100 Dollar in der Kasse fehlten. Ich war's nicht. Aber meine Chefin hat sich auch nicht weiter drueber aufgeregt, weil wir erstens kurz vor Feierabend um Mitternacht noch eine Flasche Sekt gekillt haben ("I think we should have some champagne tonight! We really deserve it! Can you go to the next bottle shop and get some for me?" - "Sure, great idea.") und sie zweitens mit uns dreien (also, den beiden old ladies und mir) beratschlagen musste, was sie nun mit dem heart broken Italian machen soll, der unten sass und auf sie wartete ("He cried earlier tonight when I told him I was not in love with him. But what can I do? I'm not in love with him! He wants me to come to Italy with him. He wants to marry me. But I just don't love him.").

What a night! Und trotz des spaeten Feierabends stand ich heute um 7.40 am (in Worten: zwanzig vor acht) im Buero auf der Matte, um mit Naomi zu einem Interview zu fahren. Ich muss sagen, ich bin sehr stolz auf mich, dass ich das geschafft habe, ohne verschlafen vor den Zug oder von der Rolltreppe zu fallen. Ich habe mich nur bloss neben die Bank gesetzt und bin gegen die Automatiktuer an der Rezeption gelaufen....
Wie gut, dass es die Espressomaschine gibt!


4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Mir gefällt der Teil mit der Automatiktür am besten :) Ein absoluter Klassiker!

Anonym hat gesagt…

hier Berlin war das einzige Valentinsdaymerkmal ein Körbchen Süßes der Firma für jedes Team... und wer hat mein Teamkörbchen bekommen??!?!? RRRichtig, s`Tomek...

hummelreich hat gesagt…

sehr schön! ich stelle mir gerade die Situation vor, wie deine Chefin dir ihr Liebesleben erzählt, ihre Mutter dabei steht und du nur an deinem Sektglas hängst... Musste das gerade meine Mutter übersetzen, weil sie auch wissen wollte, wieso ich lache und sie gleich Mitleid mit dem Italiener hatte... Und ich bin auch stolz auf dich, dass du so zeitig aufgestanden bist! Respekt.

Anonym hat gesagt…

Sorry, aber das mit der Automatiktür ist tatsächlich sehr lustig. Hoffentlich hast Du keine blaue Nase davon....