Donnerstag, 14. Februar 2008

Sorry Day

What a significant moment in Australian history. A new chapter has just begun!
Und ich war dabei. Yeeeeeeeees, so macht man das als Power-Bloggerin und angehender journalistischer Superstar, immer schoen ueberall dran sein am Geschehen, sonst gibt's ja nix zu berichten.

Also, eigentlich war ich auch nur halb live dabei, da Rudds Rede ja in Canberra im Parlament stattfand und nicht in Sydney im Studio von Channel 7 (though that would have been convenient), aber immerhin war ich um 9am zu Beginn der Ansprache schon wach, was ich meinem Praktikum zu verdanken habe, sonst waere das nicht passiert. Als ich um zehn vor neun am Martin Place aus der Bahnstation kam, war der Platz vor der Leinwand trotz Regenwetters schon gut gefuellt mit Menschen und ihren Regenschirmen. Im Fernsehen wurde die Rede gleichzeitig live von allen Sendern uebertragen und der Ton war im Buero ausnahmsweise laut gestellt, sodass wir die Rede quasi in stero (aus den Boxen vom Martin Place und aus dem Fernsehen im Gebaeude) hoeren und in quinteo (also fuenffach auf den Bildschirmen aller Sender) sehen konnten.
Der Inhalt war keine grosse Ueberraschung mehr, da er in den letzten Wochen kontrovers in den Medien diskutiert wurde und ich die Rede Wort fuer Wort auf dem Weg zur Arbeit auf dem Titelblatt der Zeitung gelesen hatten.

Spannend, faszinierend, interressant, aber auch schockierend und erschreckend fand ich die Reaktionen der Leute im Buero. Ausser Kollegin Marguerite, die vor Aufregung fast in einen der Fernseher gekrochen ist, worauf sie sich eine Menge dummer Kommentare der Maenner mit eigenen Bueros anhoeren musste, zwei camera guys, die sich mit zwei Stueheln fuer die Dauer der gesamten Ansprache direkt vor einen anderen Bildschirm platzierten und mir, hat eigentlich keiner so richtig zugehoert und hinterher hat der Grossteil der Angestellten (meist maennlich) aufs Uebelste gelaestert und teils ziemlich rassistische Kommentare losgelassen, waehrend Marguerite und ein paar andere Kolleginnen die Geste verteidigt und die Rede gelobt haben, was mit einem "Go and work for the ABC then!" quittiert wurde.

Wow, ich wusste ja vorher, dass private Fernsehsender politisch eher konservativ einzuordnen sind, aber dass es so heftig ist und die Denkweise so weit rechts haette ich nicht erwartet.
Ich frage mich, ob das in Deutschland auch so ist. Sogar der Oppositionsfuehr
BrendanNelson, bei dessen erstem Medienauftritt ich damals mit den Nine News war, als er meinte, er werde sich nicht entschuldigen, hat im Endeffekt kurz gesprochen, dabei allerdings ein bisschen um den heissen Brei herumgeredet, von der good intention geredet und sich eigentlich nur sehr halbherzig entschuldigt.

Ach ja, ich habe ueberhaupt nicht gesagt, worum es eigentlich ging, oder?
Eine Entschuldigung an die Stolen Generation of aboriginals and their families, also jeden Aborigines Kinder und mixed races kids, die vom Staat von ihren Familien entfernt und in Pflegefamilien oder Kinderheime gesteckt worden sind, wo ihnen erzaehlt wurde, ihre Eltern seien tot oder nicht an ihnen interessiert. Jetzt muss ich dringend endlich "Rabbit Proof Fence" gucken! Da Lisa ihn auch noch nicht gesehen hat, haben wir uns fest vorgenommen, ihn demnaechst aus der Videothek zu holen. Muessen wir nur noch einen Abend finden, an dem wir beide zu Hause sind. Ob wir das in den verbleibenden fuenf Monaten noch schaffen?

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Tatsächlich ziemlich erschreckend. Gut, dass du darauf hinweist, dass deine Beobachtung sich "nur" auf die Mitarbeiter beziehen - mich interessiert, wie der Rest der Australier denkt. Ich find's toll...

Anonym hat gesagt…

in der Tageszeitung stand die Rede auch abegdruckt. Wie ich finde klingt sie aus der Ferne eigentlich nach einer Formalie (Kinderstehlen ist nicht ok). Fehler als solche nicht einzusehen und nicht die Größe haben sich für selbige zu entschuldigen finde ich ja immer ziemlich arm. Gleichzeitig kann ich solche Leute immer nicht hnaz ernst nehmen. So ich geh mir jetz mal eins der Kiddies von Ursula holen, wir brauchen dringend eine Putzkraft in dieser WG. Ob eins mehr oder weniger...das fällt der Uschi doch gar nicht auf...

Anonym hat gesagt…

Die Größe dieses Momentes ist sicherlich nur zu sehen, wenn man sich bewußt macht, wie kontrovers dieses Thema seit mehr als 30 Jahren diskutiert wurde. Es hat die Dimension unserers Historikerstreites! Und es ist auch glaube ich weit mehr als eine Formalie, denn es handelt sich hier schließlich um die Bildung einer Nation, eines nationalen Bewußtseins, bzw. noch wichtiger um die Identität einer Nation. Mythen sind sehr wichtig zur Bildung einer nationalen Identität und Australiens Mythos war, dass sie friedlich ein freies Land besiedelt haben. Es gab keinen Krieg, sie haben das Land zivilisiert, sie sind "buddies". Wie vereinbart man dies damit, dass das Land nicht einfach besiedelt, sondern erobert wurde, dass es kriegerische Auseinandersetzungen gab, dass Teile einer Kultur durch sie vernichtet wurden? Die Frage, wie sich die nationale Identität verändern muss, nachdem endlich ein politisches Statement erfolgt ist, wird die "Historiker" und "Lobbyisten" sicherlich noch länger heiß beschäftigen.

Ein extrem spannendes Thema! Wen es mehr interessiert, empfehle ich folgende Bücher:

Broome, Richard: Aboriginal Australians: black responses to white dominance; 1788 - 2001 / Richard Broome. - 3. ed. - Crows Nest, NSW: Allen & Unwin, 2002.

Manne, Robert [Hrsg.]: Whitewash: on Keith Windschuttle's fabrication of Aboriginal history / ed. by Robert Manne. - Melbourne: Black [u.a.], 2003.

Reynolds, Henry : Why weren't we told? : a personal search for the truth about our history / Henry Reynolds. - Ringwood, Vic. : Viking, 1999.

Reynolds, Henry : The other side of the frontier : aboriginal resistance to the European inva-sion of Australia / Henry Reynolds. - Reprinted. - Ringwood, Victoria [u.a.]: Penguin Books, 1990.

Anonym hat gesagt…

Hey, wer war das? anonym bin ich! Die Rede und Leute, die zuhören haben sie sogar gestern in der Tagesschau gebracht.

hummelreich hat gesagt…

danke sara, dass du am ende doch noch erklärt hast worum es überhaupt in deinem ganzen blog ging... wusste nämlich nur wovon du eigentlich sprichst, weil mir meine ex-mitbewohnerin aus australien mir das auch schon erklärt hatte. würde auch gern mal wissen, was die anderen so dazu gesagt haben, also die anderen australier mein ich

Anonym hat gesagt…

ich möchte wetten das ich die historisch ineteressierte anonym 1 kenne und sie eine gewisse Affinität zu australsichen Schoko.Minkkesen hegt... richtig? Ansonsten: Hervorragender Beitrag! Mythos und nationale Identität sind auch sehr interessant im deutschen Nachkriegskontext und gerade auch aktuell seit 1990