Montag, 19. Mai 2008

1000 Nadeln

Australien werde meine Haut ruinieren. Das haben mir alle vorher gesagt. Meine blasse sommersprossige supersensible nordische Haut und meine Tendenz zu Sonnenallergie und Neurodermitisschüben direkt unterm Ozonloch, das ist keine gute Kombination. Alle haben's gewusst. Und leider hatten sie recht.
Ich haben ziemlich schnell rausbekommen, dass Neurodermitis hier nicht genau so heißt, was ich immer angenommen und das Wort darum einfach englisch ausgesprochen habe, mich dann aber alle mit großen Fragezeichen in den Augen angeguckt haben. Es heißt ekzema, was irgendwie voll eklig klingt.
Die Creme, die mir die Ärztin im medical centre der Uni verschrieben hat, hat genau so wenig geholfen wie alle Deutschlandimportante. In extremen Notsituationen konnte ich glücklicherweise immer noch auf Saras Kortisonsalbe zurückgreifen, was ich ja nur ungern mache.
Die Gase, die die pest control vor ein paar Wochen bei uns gesprüht hat, haben leider neben unseren kleinen Haustieren auch meine Haut völlig vergiftet. Plötzlich hatte ich nicht mehr nur juckende Kniekehlen und Armbeugen, sondern kaum noch Stellen am Arm, die nicht aussahen, als würde ich ganz reptilienartig gerate meine Haut wechseln. Nicht gut. Gar nicht gut.

Da kam mir Nils' Tipp mit dem Traditional Chinese Medicine Centre an der UTS ganz recht. Denn davon hätte ich als Sydney Uni Studentin gar nichts gewusst. Nils wusste von einer Kommilitonin zu berichten, der während Vorlesung ganz schlecht war, im TCM Centre der Uni herbal medicin bekommen hat und innerhalb einer Stunde wieder fit war. Und für UTS Students kostet es auch nur zehn Dollar.

Klang gut. Also bin ich letzten Montag hingegangen, habe meine Arme vorgezeigt und gesagt, dass sie alles mit mir machen können, was sie wollen. Akupunktur, herbs, whatever.
Also musste ich einen Fragebogen über meine medical history ausfüllen, was mich immer völlig überfordert, weil ich nie weiß, was relevant ist und welche Allergien ich aufschreiben soll.
War aber nicht schlimm, da sich Kaitlin, eine der wenigen nicht-asiatischen TCMerinnen, wahnsinnig viel Zeit genommen hat, den riesigen Fragebogen mit mir durchzugehen, alles ganz genau wissen wollte und aufgeschrieben hat. Ich find's zwar immer etwas unangenehm, aber sie hat das wirklich super gemacht und sich die Geschichte zu allen meinen Allergien der letzten 22 Jahre angehört. Anschließend hat sie sich meine Zunge angeguckt, weil die Kerry zufolge in der chinesischen Medizin total wichtig ist, weil Farbe und Textur eine Menge über die Gesundheit aussagen. Danach hat sie ganz lange meinen Puls gefühlt und mich gefragt "Do you exercise a lot?", was ich peinlicherweise verneinen musste. "Are you sure?". Ja man! Wenn es hier doch keinen anständigen Unisport gibt. "Well, I take my bike everywhere and I ran around quite a lot at work". Sie meinte, ich würde mich also doch eine Menge bewegen. Und scheinbar kann man das an meinem Puls fühlen. Wahnsinn.
Nach 45 Minuten ausführlichem Vorgespräch und Zungen-und Pulsuntersuchung (wow, es hat sich wirklich noch nie ein Arzt so viel Zeit für mich genommen), hat sie sich mit ihrem Supervisor abgesprochen und kam wieder mit der Ankündigung, dass sie mir Nadeln in die Füße, die Armbeugen und das linke Ohr stechen werde. Ich bin sehr stolz auf mich, dass ich als Impfungshysterikerin und Wenn-im-Fernsehen-Spritzen-gegeben-werden-muss-sofort-weggucken- weil-mir-sonst-ganz-doll-schlecht-wird!-Fall nicht schreiend weggelaufen bin, sondern mich mutig hingelegt und meine Schuhe ausgezogen habe. Und: Es tat wirklich nicht weh. Es hat ein paar Mal ein bisschen gepikst, aber sonst: easy-peasy. Kein Ding!
Mit ungefähr 20 Nadeln im Körper wurde ich dann eine Viertelstunde im Halbdunkeln bei chinesicher Musik allein gelassen und fühlte mich ein bisschen wie Charlotte in Sex and the City, als sie sich bei der Akupunktur entspannen soll, aber es nicht schafft, weil es in New York so laut ist und im Endeffekt mit den Nadeln im Gesicht durch die Praxis rennt.
Nein, das habe ich nicht gemacht. Ich habe einfach dagelegen und der Chinesin in der Kabine nebenan beim Bericht über ihr Rückenleiden gelauscht und weiß nun, wie häufig sie aufs Klo geht, dass sie Currys nicht so gut verträgt und dass in ihrem Führerschein und ihrem Pass Jahrgang 1975 steht, obwohl das nicht stimmt.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Mein Gott, NAdeln in wunde Haut stechen- mir kurzfristig ganz schlecht. Aber: bei meiner Mutter hat Akkupunktur immer zu 1 1/2 Jahre Rauchfreiheit geführt...

Anonym hat gesagt…

Und, wie gehts Deiner Haut jetzt? Besserung in Sicht? Ansonsten kann ich Dir hier das Akutspray von Eucerin empfehlen. Die Kombi von Chlor-, Salzwasser und zuviel Sonne hat nämlich bei meinen Oberarmen zu ganz ähnlichen Erscheinungen geführt wie bei Dir und das Spray hat super geholfen.

hummelreich hat gesagt…

genau, was ist nun? Geht es dir jetzt besser? also deiner Haut meine ich?