Freitag, 9. Mai 2008

Sara, semi-professionelle Piercing-Händchenhalterin

Schon das zweite Mal während meines Aufenthalts in Sydney wurde mir die Ehre zuteil (mmh, schreibt man das zusammen oder getrennt, oder ist das neuer Rechtschreibung beides erlaubt), live beim Nasenpiercing einer Freundin dabei zu sein. Meine Expertise auf diesem Gebiet scheint sehr gefragt zu sein.
Und obwohl ich im Vergleich zu vielen anderen Leuten immer ganz ehrlich antworte, dass "Yes, it hurts. It really hurts. What do you think?! And it feels really weird in the first days.", hat das weder Laetitia noch Olga davon abgehalten. Wahrscheinlich weil ich gleichzeitig immer sage, wie toll es ist und dass es sich in vier Jahren nie entzündet hat.
Während Laetitia wochenlang in ganz Sydney die Preise und Konditionen aller Studios, Apotheken und Frisörsalons recherchiert hat und sich im Endeffekt für einen schweineteuren Laden ("You wanna pay 80 bucks? That's ridiculous. Why is Australia always so expensive! I paid 20 Euros or so. Go and do it in France. It can't be more expensive than here.") auf der King Street entschieden, bei dem sie vorher einen gefühlten sechs-seitigen Vertrag durchlesen und unterschreiben musste und Fragen zu ihrer gesamten Familien- und Krankheitsgeschichte beantworten, ist Olga weniger vorbereitet in die Apotheke im Westfield in Miranda (wo sonst?!) gegangen. Natürlich nicht, ohne vorher ihren Vater um 60 Dollar zu bitten, ohne ihm zu sagen, wofür. Das hätte ich mich niemals getraut. Wenn man weiß, dass Papa das Piercing niemals auch nur halbwegs erträglich finden wird, sollte man ihn vielleicht nicht auch noch unwissend dafür bezahlen lassen.

Wie auch immer. In der Apotheke kosteste der Spaß nur 45 Dollar, dafür wurde aber auch geschossen und nicht gestochen. Es gab keine Liege wie damals für Laetitia und auch für mich. Aber ich hatte ja eh ein VIP treatment mit sechs Sprechstundenhilfen und einem Privattermin in der Mittagspause. Weil Olga Angst hatte, sie könne in Ohnmacht vom Stuhl fallen, wurde ich von Piercing-Apotheken-Fachkraft angewiesen, mich vor den Stuhl zu stellen, sodass ich Olga im Notfall auffangen könne. Musste ich glücklicherweise nicht. Hätte meine Kompetenzen auch irgendwie überstiegen. Ich kann nur Händchenhalten und gut zu reden und Tipps zur Piercingpflege geben. Bewusstlose Freundinnen auffangen und wiederbeleben ist, glaube ich, nicht so mein Ding. Trotzdem brauchte Olga auf den Schock und den Schmerz einen Wein, den sie, gut vorbereitet wie sie war, in ihrer Handtasche hatte.

Den Rest des Nachmittages war ich damit beschäftigt, sie zu beruhigen, dass es normal ist, wenn es weh tut, sich taub anfühlt, juckt, rot wird, gut aussieht, nicht komisch wirkt, bald besser wird, in ein paar Tagen alles gut ist und ihr Vater sie nicht killen wird. "Just drink a cup of tea all night. So you can have the mug in front of your face most of the time. So, he won't notice." - "That's what I did when I had to have dinner on my own with my dad the night I got mine done." - "And, did it work?" - "Well, no. He noticed halfway through the dinner." - "What did he say?" - "That it was ugly and disgusting and that it was a pity I was over 18 so he couldn't do anything about it."
Und scheinbar ist genau das die traditionelle Väter-Reaktion aufs Nasenpiercing ihrer 19-jährigen Töchter. Weltweit. Auch Olgas Vater findet es "disgusting" und meinte, er hätte ihr das Geld nicht gegeben, wenn er gewusst hätte, wofür sie benutzt.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

den nerven beruhigenden wein gleich im kleinen Handtäschchen mitzubringen ist ja ne klasse Vorbereitungsstrategie. das ist als würde ich mit nem Bier zum zahnarzt oder ne flasch sambuca zum urologen gehen. ich werde es mir merken!